Kategorien
Allgemein

Geplante Förderkürzungen sind eine Katastrophe für Tanzkünstler*innen

(English Version below)

Als eine der künstlerischen Basisinitiativen, die die lebendige und international renommierte freie Tanzszene Berlins ausmachen, möchten wir angesichts der angekündigten Kürzungen der Berliner Kunstförderung unsere Sorge zum Ausdruck bringen. Insbesondere für uns freie Tanz- und Performancekünstler*innen mit ganz besonders prekären Arbeitsbedingungen sind die geplanten Kürzungen der öffentlichen Förderprogramme für Projekte existenzbedrohend. Wir wollen dringend auf unsere dramatische Lage, die in der aktuellen Diskussion untergeht, aufmerksam machen.

In Berlin gibt es Galerien und Museen für Bildende Kunst, Konzertsäle für Musik und mehrere Theater für Schauspiel und Oper. Im Gegensatz zu diesen Kunstsparten und im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Städten gibt es in Berlin aber keine Institution für Tanz. Während die Stadt über mehrere Staatstheater verfügt, die mit zweistelligen Millionenbeträgen gefördert werden, müssen Choreograph*innen und Tänzer*innen ohne vergleichbare Infrastruktur auskommen. Diese Situation zwingt sie, von Projekt zu Projekt zu arbeiten; all diese Projekte werden mit öffentlichen Fördermitteln für künstlerische Produktion realisiert.

Mit großer Besorgnis lesen wir, dass diese ohnehin (vergleichsweise) geringen Mittel nun um 14% gekürzt werden sollen (kolportiert wird eine Kürzung um €500.000 von €3,3 Mio. Fördermitteln für Performance UND Tanz)! Das würde bedeuten, dass gerade die Mittel, die für den Tanz den Kern künstlerischer Produktion ausmachen, stärker gekürzt werden als die der großen Institutionen! Bei einem Einsparvolumen von insgesamt fünf Milliarden Euro ist eine halbe Million ein unbedeutender Betrag. Für die Berliner Tanzproduktion ist diese Summe aber eine ganze Welt: Dieses Geld sind Stücke, die produziert und gezeigt werden, die das Publikum erfreuen, das kulturelle Leben der Stadt bereichern und international ausstrahlen.

Werden die öffentlichen Fördertöpfe für Projektrealisierungen (Recherche, Residenzen, Produktion, Wiederaufnahmen, Veranstaltungsreihen etc.) tatsächlich gekürzt, bringt das insbesondere Berlins Tanzschaffende in eine dermaßen prekäre Lage, dass Weiterarbeiten nicht mehr möglich ist.

Das Ausmaß der Kürzung öffentlicher Förderungen für künstlerische Produktionen bedeutet IRREPARABLEN SCHADEN für die Berliner Tanzszene!

Mit Flutgraben Performances arbeiten wir seit über zehn Jahren mit Choreograph*innen und Tanzkünstler*innen zusammen. Wir organisieren Veranstaltungen, um neue Arbeiten zu präsentieren, bieten Tanzkünstler*innen Raum, um zu produzieren und hosten eine breite Community, um Tanz in seiner Vielfalt zugänglich zu machen. Zusammen mit anderen Initiativen und privat organisierten Spielstätten bilden wir das Rückgrat der Berliner Tanzszene. Schon jetzt haben wir mit einer dramatisch unzureichenden Förderung zu kämpfen, wie jede Senatsjury Jahr um Jahr verzweifelt beklagt. Werden diese ohnehin knappen Mittel noch weiter gekürzt, verlieren wir jegliche Grundlage, um weiter Kunst zu schaffen, und Berlin verliert das, wofür es berühmt ist.

Tanzkünstler*innen zeigen ihre Arbeiten in den Sophiensaelen, im HAU, in der Tanzfabrik, im Dock 11 und an anderen Orten. Keiner dieser Orte verfügt über ein angemessenes eigenes Produktionsbudget, die meisten haben gar keines. Es sind die Künstler*innen selbst, die Produktionsgelder für ihre Projekte anderweitig organisieren müssen, um sie in der vorhandenen Infrastruktur präsentieren zu können. Keines der Häuser in Berlin – weder private noch Staats- oder Stadttheater – kann und wird gekürzte Projektfördertöpfe kompensieren! Die Institutionen sind selbst abhängig von Drittmitteln! Daher ist die dramatische Wahrheit: Wenn die öffentliche Projektförderung weiter gekürzt wird, sind Tanzkünstler*innen nicht mehr in der Lage, Stücke zu produzieren und es wird auch keine Aufführungen in den Theatern mehr geben.

Wir wehren uns gegen die Kürzungen jener öffentlichen Fördermittel, die künstlerische Produktion überhaupt erst ermöglichen. Die Kürzung dieser ohnehin geringen Mittel wird der Stadt keine nennenswerten Einsparungen bringen, aber dem Tanz als Kunstform in Berlin verheerenden und irreversiblen Schaden zufügen.

Wie Kultursenator Joe Chialo kürzlich bei einer Diskussion in der Schaubühne selbst sagte: Die Freie Kunstszene kostet nicht viel Geld für den enormen künstlerischen und touristischen Benefit, den sie der Stadt bringt. Diese Unterfinanzierung macht die Freie Kunstszene und insbesondere den Tanz aber auch sehr fragil. Tanz, der keine Homebase hat, kann leicht eliminiert werden.

Derzeit wird viel über die Bedeutung von Kultureinrichtungen diskutiert, und auch wir unterstützen selbstverständlich den Kampf gegen deren Kürzungen. Aber die Tanzszene in dieser Stadt hat überhaupt keine Institutionen. Tanzproduktionen brauchen ausreichende öffentliche Projektförderung, um entstehen zu können. Wir bitten Sie, ernsthaft zu prüfen, ob Sie tatsächlich eines der größten künstlerischen Assets der Stadt unwiederbringlich zerstören wollen! Wir bitten Sie, sich dafür einzusetzen, dass die Projekt- und Produktionsbudgets, die direkt für Künstler*innen bestimmt sind, erhalten bleiben.

Flutgraben Performances ist eine von Künstler*innen gegründete Initiative für Recherche, Produktion und Präsentation von Tanz und körperbasierter Kunst, die derzeit von den Choreographen* Clément Layes, Moritz Majce und Adam Man geleitet wird.

Kategorien
Allgemein Flutgraben Performances Residencies

Planned funding cuts are a disaster for dance artists

As one of the many grass-root artistic initiatives that make up Berlin’s vibrant and internationally renowned independent dance scene, we would like to express our concern in the face of the announced budget cuts in Berlin’s public arts funding. We feel it is necessary and urgent to emphasise a perspective that has been completely invisible in the ongoing discussion: dance and performance artists and their particularly precarious working conditions in Berlin.

Berlin has art galleries and museums for the visual arts, concert halls for music, and theatres for drama and opera. Unlike these art disciplines, and unlike many other cities known for culture, there is no public institution for dance in Berlin. While the city has several national theatres all of which are funded with millions of euros, choreographers and dancers have to work without any comparable supportive infrastructure. Because of this situation they have to work from project to project. All of these projects are realised via public project funds.

It is with great concern and anxiety that we read that these already (in comparison) small funds are now to be cut by 14% (we read that €500,000 is to be cut from €3.3 million fundings for theater AND dance)! This would mean that the funding that is the heart of artistic production is cut even more than the big institutions! What is a very small amount to consolidate a €5 billion debt means a lot of grants, projects funded and ideas realised. This is increasing the precariousness of dance artists to a point where it would not be possible to continue to work.

If public funding for artistic production is cut, this will TERRIBLY DAMAGE the Berlin dance scene!

With Flutgraben Performances we have been working with choreographers and dance artists for over ten years. We organise events to present new work, provide space for dance artists to produce it and host a community to discuss it. Together with other initiatives, we are the backbone of the Berlin dance scene. We already had to deal with dramatically insufficient funding, as every Senate jury reports every year. If this already low funding is reduced even more, we lose our basis to create art and Berlin will lose what it is famous for.

Dance artists show their work in Sophiensaele, HAU, Tanzfabrik, Dock 11, and other places.. None of these venues have proper production budgets. It is the artists themselves who have to organise production money from somewhere else for their projects to be able to present them in the existing infrastructure. If public project fundings are lowered even more, dance artists will not be able to produce any work and there will be no shows in theaters.

We raise our voices against cuts in public funding; funding is the only possibility to allow for artistic production, research and rehearsal spaces. Cutting these funds will not bring substantial savings on a city level but it will cause devastating and irreversible damage to dance as an artform in Berlin.

As cultural senator Joe Chialo himself said at a recent discussion at the Schaubühne: the independent art scene does not cost a lot of money for the benefit it brings to the city. We agree. But the dramatically underfinanced independent art scene and dance in particular is very fragile. Dance has no home base and can therefore be easily destroyed.

We see currently a lot of discussions about the importance of cultural institutions and we support the fight against cuts in their budgets, too. But the dance scene in this city does not have any institutions at all. Dance productions need public project fundings to be able to create. We ask you to be aware not to irreversibly destroy one of the city’s greatest artistic assets.

Flutgraben Performances is an artist-run initiative for research, production and presentation of dance and body-based art, currently directed by the choreographers Clément Layes, Moritz Majce and Adam Man.